Die nächste Station unserer Reise war Dewa Sanzan. Wir hatten dort, auf dem Haguro-san, einem der drei heiligen Berge, eine Tempelunterkunft gebucht.
Nach einer relativ langen Anreise, inklusive einer einstündigen Busfahrt, kamen wir recht spät und im strömenden Regen auf dem Gipfel des Haguro-san an. Wir stapften mit unseren Koffern und Rucksäcken durch den Regen, über die Tempelanlage um dann unsere Unterkunft, Saikan Haguroyama-Sanrosho, zu betreten. Diese ist direkt mit dem Tempel durch einen langen Treppenaufgang verbunden.
Die Gastgeber dort sprechen wenig Englisch, zeigten uns das Zimmer, den Essbereich und wiesen uns kurz darauf hin, dass man an der Morgenzeremonie teilnehmen könnte. Das Haus scheint einem japanischen Film entsprungen zu sein und sieht aus, wie man es sich vorstellen würde – rote Teppiche, nur mit Hausschuhen oder Socken zu betreten (die Schuhe hatten wir draußem im Schuhregal gelassen), die berühmten, verschiebbaren Shoji-Wände. Auf dem Boden unseres Zimmers drei sehr, sehr dünne, sehr harte Matratzen mit sehr sehr dicken Decken.
Daneben stand ein sehr kleiner Tisch mit heißem Wasser und drei kleinen Teetassen. Außerdem bereit lagen Kimonos, bezeihungsweise zwei Kimonos pro Person. Ein dünner, bunter, Kimono und ein dickerer, einfarbiger. Wir tranken Tee in unseren Kimonos und debattierten, ob wir diese zum Abendessen anziehen sollten. Wir beschlossen, sie dafür anzulassen.
Das Essen ist in der Unterkunft inklusive und da es buddhistisch ist, war es auch automatisch vegetarisch. Das Essen kam in kleinen Schälchen auf einem kleinen Tischchen, vor dem wir auf einem Kissen knieten – in unseren Kimonos. Diese hatten die anderen beiden Besucher auch an, so dass wir davon ausgingen, das richtige getan zu haben.
In den Sanitäranlagen des Klosters konnte man nochmal sehr deutlich japanische Badetraditionen beobachten. Die Kloschuhe, die nur dazu gedacht sind, diese auf eben jenem Örtchen zu tragen, standen bereit. Obwohl ich mit meinen, für europäische Verhältnisse schon sehr großen, Füßen nicht ganz reinpasste, zwängte ich sie mir trotzdem an und nutzte sie brav, um die Toiletten zu betreten. Im Reiseführer stand, wie unhöflich es sei, mit diesen Schuhen durch andere Teile des Hauses zu gehen, was ich mir artig einprägte. Natürlich erwischte ich mich nach einem meiner Klogänge dabei, die Schuhe noch an den Füßen zu tragen. Ich erschrak, drehte eiligst um und brachte die Schuhe wieder an ihren richtigen Ort zurück.
Die Unterkunft war ziemlich kalt, es gab in unserem Zimmer nur ein Heizgerät, was aber kurz nach unserer Ankunft aus und danach nie wieder an ging. Daher kam uns der Onsen, der dort im Haus vorhanden war, sehr gelegen. Nach dem Abendessen ging es also in den Onsen, danach schnell unter die sehr dicke Decke und ich schlief diese Nacht sehr wunderbar.
Am nächsten Morgen wollten wir an der Zeremonie teilnehmen und diskutierten wieder über die richtige Bekleidung, beschlossen dann wieder, die Kimonos anzulassen. Wir stiegen den Treppenaufgang hinauf und es folgte eine, wahrscheinlich halbstündige, Zeremonie, die natürlich nicht mit einer christlichen Messe zu vergleichen ist, aber wohl das buddhistische Äquivalent dazu ist. Das Sitzen auf unseren Knien tat nach einer Weile sehr weh, zwischendrin musste man klatschen, sich verbeugen und wurde von einer Mischung aus Astgefüge und Musikinstrument gesegnet (?). Danach gab es Sake, auf nüchternem Magen äußerst interessant.
Beim Abgang zurück zum Frühstück erfuhren wir dann, dass unsere Kimonos wohl eher Schlafanzüge seien und diese wohl eher nicht angebracht waren bei der Zeremonie. Den anderen Touristen, von denen eine jedoch japanisch sprach, hatte man es erzählt – uns nicht.
Nach dem Frühstück reisten wir dann schon wieder ab. Es regnete noch immer und durch eine Änderung des Busfahrplans standen wir frierend 1,5 Stunden im Souvenirladen an der Bushaltestelle und warteten. Unsere nächste, und letzte, Station, sollte Tokyo sein.